Saṃyutta Nikaya 16

Von Kassapa

11. Das Gewand

Einstmals weilte der ehrwürdige Mahākassapa in Rājagaha im Bambushaine, im Kalandakanivāpa.

Zu dieser Zeit aber machte der ehrwürdige Ānanda in Dakkhināgiri seinen Rundgang mit einer großen Bhikkhugemeinde.

Zu dieser Zeit aber hatten dreißig Bhikkhus, Zellgenossen des ehrwürdigen Ānanda, zumeist junge Leute, die Schulung aufgegeben und waren zum niedrigen Leben zurückgekehrt.

Nachdem nun der ehrwürdige Ānanda in Dakkhināgiri nach Belieben seinen Rundgang gemacht hatte, begab er sich nach Rājagaha in den Bambushain zum Kalandakanivāpa, dorthin, wo der ehrwürdige Mahākassapa sich befand. Nachdem er sich dorthin begeben und den ehrwürdigen Mahākassapa ehrfurchtsvoll begrüßt hatte, setzte er sich zur Seite nieder.

Zu dem zur Seite sitzenden ehrwürdigen Ananda nun sprach der ehrwürdige Mahākassapa also: „Unter wie vielen Umständen, verehrter Ānanda, ist vom Erhabenen das Essen zu dreien in den Familien genehmigt worden?“

„Unter drei Umständen, Herr Kassapa, ist von dem Erhabenen das Essen zu dreien in den Familien genehmigt worden: um übel geartete Persönlichkeiten im Zaum zu halten; zum Wohlergehen der tüchtigen Bhikkhus, damit nicht Böswillige durch Parteiung die Gemeinde uneins machen; und aus Erbarmen mit den Familien. Unter diesen drei Umständen, Herr Kassapa, ist von dem Erhabenen das Essen zu dreien in den Familien genehmigt worden.“

„Warum also dann, verehrter Ānanda, machst du deinen Rundgang zusammen mit diesen jungen Bhikkhus, bei denen die Pforten zu den Sinnen noch nicht behütet sind, die im Essen nicht Maß zu halten wissen, die noch nicht auf Wachsamkeit bedacht sind. Zerstörung der Feldfrucht, meine ich, begehst du; Verderb der Familien, meine ich, begehst du. Es zerbröckelt, verehrter Ānanda, deine Gefolgschaft; es fallen ab, verehrter Ānanda, deine zumeist jungen Leute. Noch immer weiß dieser Knabe nicht Maß zu halten.“

„Nun sind mir doch, Herr Kassapa, auf dem Haupte graue Haare gewachsen, und doch komme ich bei dem ehrwürdigen Kassapa von dem Wort ‚Knabe‘ noch heute nicht los.

„Du machst ja aber auch, verehrter Ānanda, deinen Rundgang zusammen mit diesen jungen Bhikkhus, bei denen die Pforten zu den Sinnen noch nicht behütet sind, die im Essen nicht Maß zu halten wissen, die noch nicht auf Wachsamkeit bedacht sind. Zerstörung der Feldfrucht, meine ich, begehst du; Verderb der Familien, meine ich, begehst du. Es zerbröckelt, verehrter Ānanda, deine Gefolgschaft; es fallen ab, verehrter Ānanda, deine zumeist jungen Leute. Noch immer weiß dieser Knabe nicht Maß zu halten.“

Es hörte aber die Bhikkhunī Thullanandā: da ist von dem Herrn Mahākassapa der Herr Ānanda, der weise unter den Videhas, mit dem Wort ‚Knabe‘ zurecht gewiesen worden.

Da nun äußerte die Bhikkhunī Thullanandā unzufriedenen Herzens das unzufriedene Wort: „Glaubt denn der Herr Mahākassapa, der früher einer anderen Schule angehört hat, den Herrn Ānanda, den Weisen unter den Videhas, mit dem Wort ‚Knabe‘ zurecht weisen zu müssen?“

Es hörte aber der ehrwürdige Mahākassapa dieses Wort, das die Bhikkhunī Thullanandā sprach.

Da nun sprach der ehrwürdige Mahākassapa zu dem ehrwürdigen Ānanda also „Wahrlich, verehrter Ānanda, das Wort der Bhikkhunī Thullanandā ist in Übereilung und ohne Überlegung gesprochen, da ich doch, seit ich, Verehrter, Haupthaar und Bart abnehmend und die gelben Gewänder anlegend aus dem häuslichen in das hauslose Leben übergetreten bin, keinen anderen Meister anerkenne, mich auf ihn zu berufen, als den Erhabenen, den Vollendeten, den Allbuddha.

Früher, Verehrter, da ich noch Hausbewohner war, kam mir der Gedanke: ‚Enge ist das häusliche Leben, ein staubiger Pfad; Freiluft ist die Weltabkehr. Nicht leicht ist es für einen, der im Hause lebt, ein ganz vollkommenes, ganz lauteres heiliges Leben zu führen, das einer geglätteten Muschel gleicht. Wie wäre es nun, wenn ich Haupthaar und Bart abnehmend und die gelben Gewänder anlegend aus dem häuslichen in das hauslose Leben überträte?‘

Zu einer anderen Zeit nun, Verehrter, verfertigte ich mir ein Untergewand aus Kleiderfetzen, und gleich den Vollendeten, die in der Welt sind, Haupthaar und Bart abnehmend und die gelben Gewänder anlegend trat ich aus dem häuslichen in das hauslose Leben über.

Nachdem ich so die Weltabkehr vollzogen, erblickte ich auf dem Wege befindlich, den Erhabenen zwischen Rājagaha und Nālandā, wie er bei dem Bahuputta-Cetiya saß. Als ich ihn erblickte, kam mir der Gedanke: ‚Den Meister wahrlich möchte ich sehen, den Erhabenen möchte ich sehen; den Führer auf dem Heilspfad wahrlich möchte ich sehen, den Erhabenen möchte ich sehen; den Allbuddha wahrlich möchte ich sehen, den Erhabenen möchte ich sehen.‘

Da warf ich mich, Verehrter, mit der Stirne zu Füßen des Erhabenen nieder und sprach zu ihm also: ‚Mein Meister, Herr, ist der Erhabene; ich bin der Schüler.‘

Auf dieses Wort hin sprach der Erhabene zu mir also: ‚Wer da, Kassapa, zu einem so mit ganzem Herzen ausgestatteten Schüler, obwohl er nicht weiß, sagte: ich weiß, und obwohl er nicht schaut, sagte: ich schaue—dem sollte der Kopf zerspringen. Ich aber, Kassapa, sage als einer, der weiß: ich weiß, und als einer, der schaut, sage ich: ich schaue.

Darum, Kassapa, mußt du so dich schulen: peinliche Gewissenhaftigkeit und Feinfühligkeit muß vorhanden sein bei den Alten, den Jungen und den Mittleren. So also, Kassapa, mußt du dich schulen.

Darum, Kassapa, mußt du so dich schulen: was immer für Lehren ich hören werde, die das Gute enthalten, sie alle erfassend und erwägend und mit ganzem Herzen in mich aufnehmend will ich achtsamen Ohres die Lehre hören. So also, Kassapa, mußt du dich schulen.

Darum, Kassapa, mußt du so dich schulen: die mit Freude verbundene auf den Körper bezügliche Besonnenheit soll nie mir nachlassen. So also, Kassapa, mußt du dich schulen.‘

Nachdem mich, Verehrter, der Erhabene mit dieser Ermahnung ermahnt hatte, stand er vom Sitze auf und ging fort.

Sieben Tage noch, Verehrter, genoß ich als Unvollkommener das Almosen der Leute; am achten erstand mir die höchste Erkenntnis.“

„Einmal nun, Verehrter, begab sich der Erhabene, vom Wege abgehend, zum Fuße eines Baumes.

Da nun, Verehrter, breitete ich mein Untergewand aus Kleiderfetzen vierfach zusammen gefaltet aus und sprach zu dem Erhabenen also: ‚Hier möge der erhabene Herr sich niedersetzen, was mir auf lange Zeit hinaus zu Heil und Glück gereichen möge.‘

Es setzte sich aber, Verehrter, der Erhabene auf dem bereiteten Sitze nieder.

Nachdem sich aber, Verehrter, der Erhabene niedergesetzt hatte, sprach er zu mir also: ‚Weich ist, Kassapa, dies dein Untergewand aus Kleiderfetzen.‘—‚Wolle der erhabene Herr mein Untergewand entgegen nehmen aus Erbarmen.‘

‚Wirst du aber, Kassapa, meine hänfenen abgenutzten Lumpenkleider tragen ?‘—‚Ich werde die hänfenen abgenützten Lumpenkleider des erhabenen Herrn tragen.‘

Ich gab also, Verehrter, das Untergewand aus Kleiderfetzen dem Erhabenen und nahm dagegen die hänfenen abgenützten Lumpenkleider des Erhabenen.

Wenn jemand, recht redend, von einem sagt: er ist ein leibhaftiger Sohn des Erhabenen, aus seinem Munde geboren, aus der Wahrheit erzeugt, aus der Wahrheit gebildet, ein Erbe der Wahrheit, einer, der hänfene abgenutzte Lumpenkleider entgegen nimmt,—so wird er, recht redend, von mir auch sagen: er ist ein leibhaftiger Sohn des Erhabenen, aus seinem Munde geboren, aus der Wahrheit erzeugt, aus der Wahrheit gebildet, ein Erbe der Wahrheit, einer, der hänfene abgenützte Lumpenkleider entgegen nimmt.

Ich nun, Verehrter, trete, ganz nach Gefallen, abgesondert von den sinnlichen Gelüsten, abgesondert vom Bösen, in die erste Versenkung ein, die mit Gedanken und Erwägungen verbunden ist, durch Absonderung erzeugt, die Freude und Lustgefühl ist, und verharre darin.

Ich aber, Verehrter, trete, ganz nach Gefallen, nach Stillung der Gedanken und Erwägungen, in die zweite Versenkung ein usw. usw. (= 9 und 10). ..

Es werden nun wieder der Reihe nach die verschiedenen übernatürlichen Fähigkeiten aufgezählt, deren Mahākassapa sich rühmen darf.

Ich aber, Verehrter, habe nach Vernichtung der weltlichen Einflusse die von weltlichen Einflüssen freie Erlösung des Herzens und Erlösung der Erkenntnis bei Lebzeiten schon durch eignes Begreifen und Verwirklichen erreicht und verharre darin.

Ein Elefant von sieben Ellen oder von sieben und ein halb Ellen (Größe), müßte man meinen, sei mit einem kleinen Palmyrapalmblatt zu verhüllen, wenn man meinte, mir seien die sechs Wunderkräfte zu verhüllen.“

Es schied aber die Bhikkhunī Thullanandā aus dem heiligen Wandel aus.